Kairo: Anfang des 19. Jahrhunderts „Die schönste Stadt der Welt“, ist heute eine geschäftige, übervölkerte Metropole mit wenig Platz für Visionen und Träume. Aber die Künstler sind so hartnäckig wie ihre Stadt. Ihre Rauheit ist ihre Inspirationsquelle.

Kairo ist wie die meisten ägyptischen Städte eine Stadt von verborgener Schönheit. Die Tyrannei der Moderne lässt Tag für Tag viele ihrer Attribute verschwinden. Eine fröhliche Stadt trotz ihrer Traurigkeit, widerspenstig und brutal, aber auch zart und fürsorgend. Die Stimmen junger Künstler beschreiben mit gemischten Gefühlen ihre Stadt und die Beziehung zu ihr.

Die Prosa

Der Autor Youssef Rakha, dessen Werk mehr von Schmerz und Traurigkeit handelt, manchmal nostalgisch, manchmal bitter, lehnt aber die Stadt dennoch nicht ab. „Orte sind wie Menschen, man kann sie nur nach der Erinnerung einschätzen.“, sagt er.

„Und so kann man unsere Stadt mit keiner anderen in der Welt vergleichen.“

Der Film

Die Filmemacherin Heba Yossry, aufgewachsen in einer traditionellen Familie, konfrontiert diese falschen Ideen von Gesellschaft, indem sie dokumentarisch (Profession: Woman) diejenigen betrachtet, die die meisten am liebsten ignorieren würden: Prostituierte. Sie verurteilt sie nicht noch rechtfertigt sie ihr Dasein, sie lässt sie einfach für sich selbst sprechen. In ihrem Spielfilm Another Passion beschreibt sie ihren eigenen Kampf, Film zu studieren und ihre Auseinandersetzungen mit der Familie.

Der Sound

TouSSy und Kaiser machen, obwohl gebürtig aus Alexandria, urbane ägyptische Sounds und Bilder zu ihrer Ausdrucksform. Mit ihrer audiovisuellen Wahrnehmung rekonstruieren sie ihr Bild der Stadt für uns und werfen uns in die Menge.

Mit diesem Programm hoffen wir Ihnen drei der bekanntesten Stimmen Ägyptens vorstellen zu können. Neben persönlichen Sichtweisen und Geschichten vermittelt jede ein Versatzstück der Stadt, auf eine sehr persönliche, zarte und positive Weise.

Mostafa Youssef, Kurator

Geb. 1983 in Kairo; studierte Regie am ägyptischen High Institute of Cinema in Kairo.

In Zusammenarbeit mit SEMAT („lerne & mache mit uns deinen ersten Film“), einem Kollektiv von Independent-Filmemachern aus Kairo, drehte er mehrere Dokumentar- und Kurzfilme.

Literatur und Prosa

Youssef Rakha (geb. 1976 in Kairo) hat einen Bachelor of Arts mit Auszeichnung in Englisch und Philosophie (Hull Universität, England, 1998) und ist Preisträger des Larkin Preises für Englisch und des Chris Ayers Preises für Philosophie.

Seit den frühen 90ern schrieb er viele Artikel und Übersetzungen für die arabische Presse. Heute ist er Autor und Lektor für die englische Ausgabe des Al-Ahram Weekly.

Er veröffentlichte eine Sammlung mit Kurzgeschichten (Dar Sharqiyat, 1999) und ein Reisebuch Beirut, shi mahal (Beirut, some place), Amkena Books, 2006.

Rakha beschreibt in seinen Arbeiten sehr persönlich die urbanen Details des modernen Lebens in Ägypten und zeigt uns den Charme und die Brutalität der Stadt. Dies verschaffte ihm zu Hause und international viel Anerkennung. Die Leser verfolgen und bewundern seine Artikel und Geschichten in verschiedenen Magazinen und Zeitschriften wie Zawaya, Amkena und Al-Ahram Weekly.

Film

"Ägyptische Independentfilme und internationale Filme unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass sich die ägyptischen mehr mit sozialen Themen beschäftigen, die anderen mehr mit einer Idee oder einer Philosophie."
(Joseph Fahim: The Reel Estate: Die Ägypter glänzen auf dem ersten Frauenfilmfestival)

Heba Yossry (geb. 1984 in Kairo), frischgebackene Filmemacherin (High Cinema Institute), erregte gleich mit ihren ersten beiden Filmen großes Aufsehen. Sie behandelt eher sensible Themen mit einer persönlichen und einfachen Herangehensweise. Mit ihren Filmen gewann sie viele Filmpreise und Anerkennung.

Ihr Dokumentarfilm Profession: Woman (11 Minuten, 2007) über ägyptische Prostituierte ist ein unglaublich ehrlicher Film, der quälend ist, aber auch aus tiefstem Herzen kommt. Yossry beabsichtigt nie, diese Frauen zu rechtfertigen oder vom Zuschauer ein Urteil einzufordern. Sie zeigt sie einfach wie sie sind, mit einem Mitgefühl, das in der Realität selten zu finden ist.

Another Passion (21 Minuten, 2006) ist eine tragikomische Geschichte: ein Dialog zwischen Mutter und Tochter, in dem die Mutter den Traum der Tochter verurteilt, Schauspielerin zu werden. Gefährlich und haram (von der Religion verboten), spielt sie den potenziellen Konflikt zwischen Kunst und Religion aus, bis der Vater auftaucht und dem Traum ein Ende macht.

Die Regisseurin hat sich zu dieser Geschichte von ihren eigenen Erfahrungen inspirieren lassen.

Sound

2C und Kaiser

Sound Artist und VJ

TouSSy (oder Tamer Abdel Moneim Attalah, 1977 in Alexandria geboren) ist Schlagzeuger, Keyboarder und Musikkomponist und interessiert sich besonders für elektronische und massenkompatible Musik. Zuletzt hat er Klänge der Stadt zu seiner eigenen Vision gesampelt. Er lieferte verschiedene Soundtracks für kurze Independentfilme wie Sicoteen 10.5 mg (Regie: Mohamed Salah), The dead will not mind (Regie: Emad Mabrouk) und schrieb gemeinsam mit Mahmoud Refaat den Soundtrack für den mehrfach ausgezeichneten Film Day and Night (Regie: Islam El Azzazi). Daneben lieferte er den Soundtrack zu einer Reihe von Theater- und modernen Tanztheaterstücken. TouSSy war auch bei vielen Musical-Workshops und Gemeinschaftsproduktionen dabei, so entstand der Track Desert Bomb auf dem Album Electro Egypt.